Telefonat mit Konne

Was wenn die Flucht der beiden am Anfang wäre?

Wir sprechen über Euphoria. Eine Serie die ich momentan als „Goldstandard“ empfinde was innovatives Erzählen, Filmen, Maske und Kostüm betrifft.
Konne gefällt der Einsatz eines Erzählers in Euphoria und die Möglichkeit damit Backstory zu vermitteln. Erzählerisch wirkt so ein Erzähler wie eine Beschleuniger. Man kann sich viele Szenen sparen und direkt zu den interessanten Momenten kommen.
Gregor die Geschichte als Erzähler begleiten zu lassen, scheint uns interessant zu sein. Zumal Prinzessin mit einem Prolog anfängt, der strenggenommen ein Epilog ist, weil das Gespräch der beiden in einer Zukunft stattfindet, die nach dem Film liegt. Man erfährt indirekt, dass Gregor einen Roman über ihrer Begegnung geschrieben hat, dessen Anfang er ihr vorliest.

Nonlineares Erzählen. Das ist interessant.

Konne sagt, so eine stocksteife Geschichte, die kann man nicht linear erzählen. Das muss man auflockern mit Flashbacks oder anderen Ebenen.
Wir kommen darauf, dass es dem Film gut tun würde, wenn wir ihn mit dem Ende anfangen lassen.

Also wir zeigen ein Paar auf der Flucht. Es sind düstere Szenen, sie lieben sich, aber sie haben auch Angst vor Verfolgern. Plötzlich ist Naadirah (die wir erst später als Naadirah erkennen werden) weg und Gregor hat Panik. Er sieht dunkle Limousinen vor dem Hotelzimmer auf und ab fahren und glaubt, dass die Familie Naadirah wahrscheinlich entführt hat.

Dann springt der Film erzählerisch an den Anfang. Schwarze Limousinen auf dem Rollfeld. Die arabische Familie kommt an. Jungen Männer in Anzügen, sind die Chauffeure. Unter ihnen auch Gregor. Es kommt eine Frau aus dem Flugzeug, die seine Aufmerksamkeit fängt. Und wir sehen sie und gleichzeitig doch nicht, weil sie eine Abaya trägt, die vom Wind aufgewirbelt wird, gerade als wir ihr Gesicht sehen wollen.

Dann beginnt die Geschichte der beiden. Wir erfahren, dass er in einer Beziehung steckt, die verwoben ist mit dem Job und dass er in die Verantwortung als Vater von einem Kind gegangen ist.
Wir erfahren, dass sich Naadirah für Gregor interessiert, vielleicht weil sie sich in den "sanften" Deutschen verliebt, oder vielleicht weil sie ihn sich als Sexobjekt aussucht. Man weiß das nicht so ganz. Die Familie beobachtet sie jedenfalls mit Argusaugen, weil sie im Ruf steht unkontrollierbar zu sein und schon mal abgehauen ist.
Gregor gerät immer mehr in ihren Bann. Denn sie hat die Freiheit die ihm fehlt. Er sehnt sich nach etwas anderem, von dem er anfangs gar nicht weiß, dass er es vermisst.
Er bewundert Naadirah mehr, als dass er sie begehrt. Aber irgendwann fließt das ineinander über.
Und deswegen wird er, wenn sie auf dem Tresen in einer Bar tanzt, sie nicht von dort runter holen. Er wird einen Teufel tun. Er wird alles, was sie sich an Freiheit nimmt, instinktiv beschützen und unterstützen, denn das ist es, was er für sich eigentlich braucht.

Immer wieder gibt es dann Momente im Verlauf der Geschichte, wo der Zuschauer denken könnte, jetzt hauen sie gemeinsam ab. Hier biegt die Geschichte ab und die beiden fliehen, was wir ja wissen, dass es passiert, weil wir das schon am Anfang gesehen haben. Aber dann vergehen diese Abbiegemöglickeiten wieder. Bis sie wirklich miteinander auf einer Flucht landen.
Und hier widerholt sich der Anfang des Films. Jedoch mit einem Unterschied: Wir nehmen jetzt Naadirahs Perspektive ein und verstehen: Sie wird nicht entführt, sie haut einfach ab, weil keine Lust hat mit einem Mann wie Gregor durchzubrennen, der nicht weiß was er will und der kein Geld hat.

Immer wieder könnten Versatzstücke der Flucht der beiden im Film auftauchen. Als Flashforwards sozusagen.

Mit so einem vorgezogenen Ende erhöht sich jedenfalls die Spannung. Die Frage: Was wird aus den beiden? zieht sich über den ganzen Film, im Gegensatz zur linearen Erzählweise die jetzt da ist und irgendwann die Frage gegen Ende aufwirft, wird aus den beiden vielleicht ein Paar, oder haben sie Sex?

Konne glaubt, das wir das jetzt vorschlagen sollten. Ich denke nach meiner Erfahrung vom letzten Jahr allerdings, dass es sehr schwer sein wird, so einen dramaturgischen Einfall durchzusetzen. Stattdessen sollten wir die Geschichte prüfen auf die Möglichkeit so ein alternatives Ende/Anfang Ding einfach mitzudrehen.
Als Möglichkeit für den Schnitt. Als Möglichkeit für eine Ausbruch.